Trek Fuel EX 9.8 27,5 Plus
1. Kommt es anders und 2. als man denkt. So oder so ähnlich sind wir zum Trek Fuel Ex 9.8 27,5 Plus für diesen Bericht gekommen. Ein obligatorischer Shop-Besuch bei Fahrrad Eberhardt in Gotha förderte das Schmuckstück zu Tage und bescherte uns eine kurze aber heiße Affäre.
Testbedingungen
Das Bike wurde ca. zwei Wochen durch die aktuell heißesten Tage des Jahres bewegt. Wir sind mit dem Rad u.a. auf die Trails in Siegelbach bei Arnstadt gegangen und haben es auf mehreren Touren bergauf und bergab gequält. Zum krönenden Abschluss haben wir mit dem Bike den Trailpark Klinovec kurz hinter der Tschechischen Grenze besucht.
Ausstattung
Der Rahmen setzt sich aus einen Carbon-Hauptrahmen in Verbindung mit einen Alu-Hinterbau zusammen. Das Fahrwerk besteht aus den aktuellen 2017er Modellen der FOX 34 Performance mit FIT4 Dämpfungssystem und dem FOX Float EVOL RE:aktiv Dämpfers. Als weitere Highlights sind der Knock-Block-Lenkeranschlag zu nennen, der im Steuersatz integriert ist und wie der Name schon sagt das Anschlagen der Gabel am Unterrohr verhindert. Auch die Rahmengeometrie lässt sich dank des Mino-Link Flipchips verstellen und ermöglicht einen 0,5° flacheren Lenkwinkel.
Das Fahrwerk des Testbikes setzt sich zusammen aus der 2017er Fox Performance 34 Float Gabel mit FIT4 Kartusche und 140mm Federweg, sowie dem vom Trek Suspension Lab abgestimmten Fox Performance Float EVOL RE:aktiv Dämpfer (210 x 52,5 mm) der 130mm Federweg freigibt.
Am 27,5″ Plus Bike drehen sich DT Swiss 350 Boost Naben (Boost 110 vorn und Boost 148 hinten) in Verbindung mit SUNringlé Duroc 40 SL Felgen. Auf diesen rotieren schließlich die fetten Bontrager Chupacabra (tubeless ready) Reifen in 27,5″ x 2,80″.
Antrieb und Bremse sind gruppenrein aus der Shimano XT M-8000 Serie, hier mit 2×11 fach Übersetzung. Weitere Details sind die RockShox Reverb Stealth mit 150 mm Verstellbereich, der integrierte Knock Block Steuersatz in Verbindung mit dem Bontrager Line Pro Knock Block Vorbau und der Line Pro Carbonlenker aus dem Hause Bontrager (750 mm, 15 mm Rise und 35 mm Klemmung).
Das Komplettpaket bringt bei einer Rahmengröße von 19,5″ bei uns glatte 13,00 Kg (ohne Pedale) auf die Waage.
Praxiserfahrungen
Das erste Probesitzen war optisch gewöhnungsbedürftig. Ähnlich einem Fatbike sieht man beim Blick über den Lenker gefühlt eine fette Weinbergschnecke vor sich rotieren. Der voluminöse Plus-Reifen hinterlässt jedoch keine Schleimspur sondern generiert massig Grip vom ersten Meter an! Die ersten Trailkilometer gestalteten sich somit freudig fröhlich griffig. Zu Beginn noch etwas vorsichtig starteten wir mit einem Druck von 2,0 bar pro Reifen, den wir in der Folge allerdings stets und ständig nach unten korrigierten. Schließlich kamen wir irgendwann bei 1,6 bar an und konnten somit den Fahrspaß weiter steigern. Anfangs hatten die Reifen aufgrund des hohen Drucks eine gewisse „Flummiwirkung“ und schnippten uns nach kleinen Drops und Wurzeln unangenehm nach oben. Mit sinkendem Druck konnten wir diesen Effekt aber beseitigen. Der Chubacabra Reifen bügelt sehr gutmütig bereits viele Unebenheit weg und der Geradeaus-Lauf des Rades ist ebenso positiv erwähnenswert. Der absolute Mehrwert des Bikes ist allerdings der bedingungslose Kurvengrip. Selbstbewusst und ohne Bedenken kann das Bike in die Anlieger gelegt werden und selbst wenn der Kopf sagt „das könnte eng“ werden kommt vom Reifen noch keine Reaktion in Punkto Kontaktverlust. Für den großen Reifendurchmesser wirkte das Fuel EX erstaunlich wendig und agil. Bergauf, vor allem auf Asphalt, fährt es sich dann doch etwas träge. Bekommt man Schotter unter die Stollen greift sich der Reifen auch bergauf ordentlich durch. Neben dem ist der einzig nennenswerte Minuspunkt, und der fiel auch nur im direkten Vergleich mit unseren anderen Bikes, einem Canyon Spectral CF und einem Norco Range auf, die fehlende Spritzigkeit. Das Rad kommt einfach nicht so dynamisch in die Puschen wie unsere Trail- und Endurobikes. Im Gegenzug vermitteln die Plus-Reifen ein höheres Maß an Sicherheit und Kontrolle. Im Trailpark Klinovec zeigte sich dies auf den endlosen Flowtrails, wo der Zeigefinger an der Bremse wenig zu tun hatte, da der immense Grip und die gute Wendigkeit das Bike nur so über die Trails fliegen ließ. Selbst in Passagen mit losem Schotter bleib der Reifen spurstabil, hier im Gegensatz zum Enduro, dass mit Conti Trail King und Mountain King Reifen wiederholt ins Rutschen kam.
Das Fahrwerk haben wir in dem kurzem Testzeitraum gefühlt leider nicht mal ansatzweise an die Grenzen bringen können. Auch hier haben wir ähnlich den Reifen eigentlich permanent Luft abgelassen und somit ständig ein noch sensibleres Ansprechverhalten erreicht. Das Losbrechmoment beider Fahrwerkselemente ist extrem gering und feinfühlig. Das Ansprechverhalten, auch wenn es abgedroschen klingt, ist butterweich. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass ich ein vergleichbares Ansprechverhalten bisher nur annähernd bei den FOX 36 Gabeln hatte. Im Vergleich dazu können beispielsweise die Pike RCT3 oder auch die Marzocchi 350 NCR, die wir bereits auch schon getestet haben definitiv nicht mithalten. Auch der FOX RE:aktiv Dämpfer zeigte sich sehr sensibel im Ansprechverhalten. Nach dem geringen Losbrechmoment gab der Dämpfer aber auch im mittleren Bereich den Federweg eher wiederstandsarm frei, so das man sich schnell und oft in der Endprogression befand. Dadurch arbeitete im Antritt das Heck derartig mit, dass ich beim Pedallieren im Wiegetritt einige Pedalpins durch Aufsetzer einbüßte. Das niedrige Tretlager begünstigte die ungewollten Pedalaufsetzer zusätzlich, wobei sich der tiefe Schwerpunkt sonst eher positiv auf das Fahrverhalten des Bikes auswirkte.
Die XT Gruppe zeigte sich störungsfrei. Der Druckpunkt der Shimano Stopper blieb über den gesamten Testzeitraum stabil und definiert. Das Phänomen des „Aufpumpens“ wie in unserem XT Bremsentest zeigte sich diesmal nicht. Lediglich der Leerweg der XT Bremse bis zum eigentlichen Druckpunkt wirkte subjektiv sehr weit, auch im Vergleich zu unserer letzten Testbremse. Wahrscheinlich lässt sich auch aus dieser Bremse mit einem schnellen Entlüftungsvorgang noch ein bisschen mehr Leistung rauskitzeln. Doch selbst nach 11 km Flowtrail blieb der Druckpunkt an Ort und Stelle und auch unten am Lift war die Bremse weiterhin so standfest wie zu Beginn.
Fazit
Das Trek Fuel EX 9.8 27,5Plus kommt als „black beauty“ mit matten und glänzenden Details auf dem Carbonhauptrahmen für das Jahr 2017 in die Shops. Für 4999,-€ erhält man das 13 kg leichte Spaßrad für abfahrtsorientierten Trailgenuss. Große Stärken sind die Fahrstabilität und der enorme Grip. Diese Vorzüge gehen etwas auf Kosten der Spritzigkeit und Dynamik. Wer bergauf nicht unbedingt der Erste sein muss, kann das Fuel Ex mit Plusreifen auch für Touren nutzen, sollte dann eventuell mit etwas mehr Druck im Reifen fahren. Bergab wird das etwas anspruchsvollere Gekurbel dann auf jeden Fall belohnt.
Die verbauten Komponeten sind hochwertig und entsprechen dem Anspruch des Bikes, den es mit dem Listenpreis von knapp 5000,-€ erzeugt. Carbonhauptrahmen und – Lenker, die 2017er FOX Fahrwerkselemente, die RockShox Reverb Stealth 150 mm und die aktuelle Shimano XT Gruppe am Antrieb und den Bremsen bilden ein gelungenes Gesamtbild. Eine hohe Flexibilität für den Endkunden ist möglich, da der Rahmen sowohl mit 27,5″Plus, als auch mit 29″ Rädern gefahren werden kann. Dadurch kann das Trek Fuel EX 9.8 noch besser an die individuellen Gegenbenheiten und Wünsche angepasst werden. Wer sich für das Fuel EX interessiert, aber keine 4999,-€ übrig hat, kann bei der Trek Produktpalette bereits beim Fuel EX 5 mit 1.999,-€ starten, dann allerdings mit entsprechenden Ausstattungseinbußen. Für wen das Geld keine Rolle spielt kann bis zu 7999,- € für das Top-Modell der Fuel EX Reihe ausgeben.
Uns hat das Fuel Ex 9.8 überzeugt. Die kurze Bekanntschaft mit dem Plus-Format hat im Test vor allem bergab einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Das Fuel EX ist eine absolute Trailrakete und macht dank gelungenem Ausstattungspaket richtig Spaß.
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