Specialized BG-Fit: Richtig sitzen lohnt sich
Wie sitzt man richtig auf seinem Rad? Jeder hat dazu seine ganz eigene Philosophie oder bekommt jene um die Ohren geworfen, die die Freunde beim ansprechen des Themas vertreten. Das BG-Fit System von Specialized betrachtet die Angelegenheit aus einer rein physiologischen Sicht und passt so das Rad dem Fahrer an und nicht umgekehrt. Ich hatte die Möglichkeit das System einmal näher kennenzulernen und es an mir selbst auszuprobieren.
Es gibt natürlich mehrere Wege wie man an solch ein Fitting kommen kann, bzw. es in Anspruch nimmt. Beim Kauf eines neuen und teuren Rades wird es vom Händler kostenlos angeboten, man will seine eigene Leistung steigern und sucht noch nach dem letzten Quäntchen Effizienz, oder man kommt mit körperlichen Problemen, wie es bei mir der Fall war. Genauer genommen gibt es bei mir drei Knackpunkte: Fuß, Hand, und Lendenwirbelsäule.
Je nach Fahr- und Radtyp ist das System mal mehr oder weniger komplex und umfangreich. Der Einstieg ist aber für alle gleich. Es wird das betrachtet, was der Kunde zum Fitting mitbringt – sich und sein Rad. Das Programm startet mit einem kleinen Interview. Dabei werden die bisherigen Fahrerfahrung, Probleme und auch die gesundheitliche Vorgeschichte abgeklärt. Im Anschluss geht es mit der Betrachtung der Cleat Position am Schuh weiter. Und wie man so ist, denkt man, man hat schon die beste Position gefunden, aber weit gefehlt. In meinem Fall war der Cleat zum Beispiel zu weit hinten. Um die ideale Cleatposition zu finden gibt es einen simplen Weg. Der Cleat sollte im Idealfall auf einer Achse mit dem Zehengrundgelenken liegen. Dafür am besten Schuh anziehen und mit einem Edding oder dergleichen auf der Sohle die äußeren Gelenke markieren und Cleat entsprechend verschieben. In meinem Fall hat das geholfen und die Taubheitsgefühle im Fuß wurden geringer.
Nach Messung der exakten Schrittlänge und gegebenenfalls noch zusätzlich relevanter Körpereigenschaften schwingt man sich dann aufs Rad. Das BG-Fit System geht hier nach einem klaren Muster vor und arbeitet dieses einmal hin und zurück durch. Anhand der Schrittlänge wird als erstes die Sattelhöhe kontrolliert und gegebenenfalls angepasst. Der nächste Anhaltspunkt ist die Position von Knie und Pedalachse. Steht das Knie in der natürlichen Horizontalposition zu weit vor der Pedalachse bringt das zwar Druck, ist auf langen Touren aber eher schädlich für das Knie. Zu weit hinten ist dagegen entspannt aber ineffizient. Die Sattelposition wird also so angeglichen, dass das Knie annähernd genau über der Pedalachse steht. Diese Einstellung gehört zum absoluten Basisprogramm und sollte immer gemacht werden, unabhängig davon ob man gerade ein Fitting macht oder ein neues Bike kauft.
Das Hauptproblem was mich aber plagte war meine Wirbelsäule. Einige Minuten auf dem Trainer offenbarten einen in meinem Fall zu klein gewählten Rahmen. Da man aber am Rahmen schlecht was ändern kann, bleibt hier nur auf lange sich ein Neukauf eine Nummer größer. Zur Überbrückung entschied ich mich später längere Vorbauten (100 statt 90 mm) zu fahren, um diesem Umstand wenigstens etwas entgegen zu wirken.
An meinen Händen äußerten sich die Probleme mit Druckschmerzen. Schon im Vorfeld suchte ich mir deshalb ein paar neue Griffe mit typischem Ergo-Design aus und auch wenn sich die Auswahl auf Grund meiner eher kleinen Hände etwas verringerte, wurde ich am Ende nicht enttäuscht. So war es eher Zufall, dass die Specilized BG Contour Locking Griffe zu meinen Händen passten und vor allem kein riesen Loch in mein Budget rissen. Und fast schon nebenbei waren meine Druckschmerzen vom Tisch.
Im Fall eines professionellen Fahrers, dem es um reine Effizienz geht, würde das Programm mit der Messung der Haltungswinkel auf dem Rad weitergehen. Es wird der maximale Beckenwinkel gemessen, um auf dem Rad dann in Kombination mit Schrittlänge und Knieposition die physiologisch beste Lenkerposition zu finden. Dabei ist es aber keinesfalls so, dass einfach die Maximalwerte genommen werden, sondern nach jeder Einstellung folgt ein mehrminütiger Testlauf. Bei welchem dann geschaut wird, wie sich die Theorie am eigentlichen Objekt in der Praxis macht. Das kann dann auch schon mal ein bis zwei Stunden dauern, diese Zeit sollte man sich auf jeden Fall freihalten.
Am Ende war ich um eine ganze Menge Wissen zum Thema Fahrradergonomie reicher und vor allem um ein paar Beschwerden ärmer. Das ist auch das erklärte Ziel von BG-Fit. Es will helfen aber auch aufklären. Die Frage ist nun natürlich, ob man sich das ganze leisten will oder ob man sich sein Wissen doch über das Internet aneignet. Man muss wissen, dass ein Fitting meist schon mal je nach Aufwand einen kleinen zwei bis dreistelligen Betrag kosten kann. Aber meist auch nur einmal gemacht werden muss, da sich der Körper ja nicht ändert und die einmal gewonnenen Daten werden einfach immer wieder auf ein neues Rad übertragen. Wenn man sich ein teures Rad leistet, könnte man meinen, dass dieser Betrag drin sein sollte. Auch für Biker mit sportlichem Anspruch und semi-professionelle Fahrer ist so ein Fitting eine interessante Sache. Für normale Hobby Stadtradler wird es sich aber wohl eher nicht lohnen.
Quelle: Bike2do, Bike Department Ost, Specialized
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