[Unterwegs] BIKEFestival Willingen 2013
Nach dem Dirtmaster Festival vor gut einem Monat stand vom 14.06.-16.06. keine 30km weiter das Bikefestival Willingen auf dem Plan.
Bei einem Blick auf die Besucherzahl vom vergangenen Jahr (30.000!), war schnell klar, dass es sich hier um kein kleines Event, sondern eines für die Massen handelt. Dementsprechend voreingestellt machte ich mich auf den Weg, um Samstag und Sonntag die Neuigkeiten der Branche unter die Lupe nehmen zu können.
Auf dem Hinweg bekam der Begriff der „Masse“ eine unerwartet andere Bedeutung: die Anzahl an Bikern im Zug in Richtung Willingen war verschwindend gering im Vergleich zu den Junggesellinnen und Junggesellen, die ebenfalls Willingen als Ziel auserkoren hatten.
Leider verbesserte sich die Lage vor Ort nicht wirklich. Mir war nicht bewusst, dass Willingen der Ballermann des Sauerlandes ist. So befand sich zwar die größte Menge Junggesellen/innen samstags auf der Ettelsberghütte über dem Festivalgelände, jedoch war der Anteil an bewusstseinseingeschränkter Personen auf dem Festivalgelände auch nicht unerheblich, für meinen Geschmack definitiv zu viel. Das Nachtleben trug das Übrige dazu bei.
Ganz anders dann das Bild am Sonntag. Keine Alkoholleiche weit und breit, also auf ins Getümmel!
YT Industries zeigte in Willingen ein Sondermodell des TuEs. Der in quietsch Gelb gehaltene Rahmen weißt neben einer schwarzen Wippe im Gegensatz zu den Serienmodellen anders designte Decals auf.
Die Geometrie wurde zu den momentan erhältlichen Modellen nicht gerändert. Ab ca. August soll das komplett Bike für ca. 2000€ verfügbar sein.
Trek hatte erstmals seine beiden neuen 29er Modelle Remedy 29″ und Fuel EX 29″ für Probefahrten im Gepäck. Das Fuel EX 29″ 9.8 kommt in einem roten Kleid daher. Wer auf außergewöhnliche Lackierungen steht, sollte sich dieses Bike einmal genauestens ansehen, denn der Carbonrahmen ist mit einem speziellen dunkelroten Lack veredelt. Schaut man genauer hin, schimmern je nach Licht und Blickwinkel die feinen Carbonfasern durch den Lack. Auf Bildern sehr schwer einzufangen, jedoch einer der abgefahrensten Effekte, die ich je an einem Bike gesehen habe!
Das Remedy 29″ konnte ich auf einem kurzen Ausritt antesten. Zugegeben: Es ist kein Bike auf welches man aufsattelt und sich sofort ein Aha-Effekt breit macht. Viel mehr ist es auffällig unauffällig. Nach 30 Minuten Testfahrt musste ich feststellen, dass es das angenehmste Bike war, welches ich an diesem Wochenende fahren konnte. Sowohl im Uphill, als auch im Downhill konnte es in der kurzen Zeit überzeugen. Der Uphill bestand aus engen Serpentienen, die Teil der Marathonstrecke waren. Für den Downhill nahm ich einen Abschnitt der Enduro Strecke, wobei ich die 140mm Federweg für diesen Teil (parallel zur Freeridestrecke) für mehr als ausreichend empfand. Man merkt welche Erfahrung Trek im Rahmenbau hat.
Einen ausführlichen Fahrbericht können wir euch hoffentlich in Zukunft liefern, da wir bei Trek bezüglich eines Fuel EX 29″ und eines Remedy 29″ Testbikes angefragt haben.
Interessante Neuigkeiten gab es auch am Stand von Radon zu erblicken. So gab es das neue 29er Fully Slide 130 zu begutachten und Probe zu fahren. Mit 130mm an Front und Heck reiht es sich zwischen dem Slide mit 150mm und dem Skeen mit 120mm Federweg ein. Wir sind momentan dabei ein Testbike für einen ausgiebigen Test zu ordern, welchen wir euch dann umgehend nachreichen.
Außerdem präsentierte Bodo Probst auch seine beiden neuesten Werke, das Swoop 190 und 210. Hierbei handelt es sich um einen neuen Freerider des Bonner Versenders mit 190mm und einem DH-Bike mit 210mm Federweg im Heck.
Neben Infos zu den Bikes wurde man bei Radon auch mit Currywurst, kalten Getränken und Bike-Gummibärchen verköstigt.
Bei Alutech konnte man neben der dritten Vorserienversion des Tofane (diesmal in Rahmengröße „L“), welches wir euch schon aus Winterberg vorgestellt haben (Infos und Fahrbericht findet ihr hier!) auch die beiden neuesten Bikes von Jürgen Schlender und Sebastian Tegtmeier begutachten. Hierbei handelt es sich einmal um das 12″ Kids Bike „BO“, welches einen leichten, bei Tange gefertigten, Stahlrahmen besitzt. Verbaut werden u.a. ein Vierkant Lager, speziell angefertigte Aluminium Schmiedekurbeln mit 90mm Länge und eine extra Hinterradnabe. Diese setzt sich von herkömmlichen Kinderbikes durch deutlich mehr Rasterpunkte ab, die dafür sorgen, dass dem Nachwuchs das Überwinden des Todpunktes deutlich leichter fällt und geringere Kräfte aufgewandt werden müssen. Erhältlich ist das 5,6 kg (mit Pedalen) leichte BO12 für ca. 400€ nach der Eurobike 2013. Das „BO“ wird in diesem Sommer noch als BO16 mit Automatiknabe und Berggang sowie als BO20 mit 1×10 fach Antrieb und Scheibenbremsen präsentiert. Daneben wurde das Laufrad BAMBAM gezeigt. Dieses wurde für den ganz frühen Einstieg ins Bikerleben konstruiert und soll, je nach Körpergröße, schon ab 1,5 Jahren fahrbar sein. Möglich macht dies die Sattelhöhe, welche lediglich 340mm beträgt. Das BAMBAM wiegt nur 3,4 kg und wird 190€ kosten.
Die beiden Kidsbikes werden als erste Räder der neuen Firma „Supurb“ erhältlich sein. Der Name steht für „super-urban-mobility“. Das Ziel ist es, für bestimmte Zielgruppen Bikes zu entwickeln, die perfekt auf den jeweiligen Einsatzbereich abgestimmt sind und sich vom Mainstream abheben. So gibt es momentan auch schon Konzepte für Alltags-, Pendler- und Ebikes.
Unter dem Dach von Cosmic Sports fand man in Willingen unter anderem die Hersteller Salsa Bikes und Surly. Ein 29er mit 120mm Federweg bietet Salsa mit dem Horsethief an. Ein erstes Fazit konnte ich mir leider nicht bilden, da die verbaute White Brothers Gabel komplett den Dienst quittierte. Daher haben wir auch hier für ein neues Testbike angefragt. Ein Vergleich z.B. mit dem Transition Bandit 29″ wäre sicherlich sehr interessant.
Surly ist vor allem bekannt für seine „Big-Wheel Parts“. Die fetten Schlappen sind prädestiniert für Untergründe, auf denen normale MTB Reifen an ihre Grenzen kommen: Schlamm, Schnee, Sand, … Oder aber steile und nasse Wiesen wie in Willingen. Wenn der Luftdruck der Reifen erst einmal auf ein Minimum reduziert ist, generieren die 3,8″ breiten Reifen Traktion, die nicht mehr feierlich ist. Diese liegt in jeder nur erdenklichen Situation vor. Der Vortrieb wurde erst durch eine zu steile Rampe gestoppt, durch die sich die Front des Bikes aufbäumte und ein Abstieg nach hinten unumgänglich war.
Auffällig ist zu gleich die extreme Spurtreue. Das Surly will einfach nicht in Kurven gedrückt werden. Schlägt man den Lenker während der Fahrt leicht ein und lehnt sich leicht in die Kurve, stellt sich das Bike sofort wieder aufrecht. Man muss es wirklich in die Kurven drücken. Ich bin bis dato noch kein Rad gefahren, welches sich beim Thema Wendigkeit/Kurven so bockig angestellt hat. Man sollte an der Stelle erwähnen, dass das Surly aber auch nicht als schneller Kurvenjäger konzipiert wurde, sondern als reines Spaßbike. Und Spaß ist mit dem Bike garantiert!
Sigma zeigte neben seinen Teleobjektiven für die Sportfotografen unter anderem auch seine neuen ROX Tachos. Das Topmodell ROX 10 kommt erstmals mit einem GPS Modul in den Handel, welches es neben der Streckenaufzeichnung auch erlaubt sich zu gewünschten Koordinaten navigieren zu lassen. Eine Darstellung wie z.B. auf dem Garmin Edge 810 (Testbericht folgt in Kürze!) zeigt das Display zwar nicht an, jedoch wird der Streckenverlauf graphisch angezeigt. Die bis dato von Sigma erhältlichen STS Sender sind nicht kompatibel, da der ROX 10 auf den ANT+ Standard setzt. So können auch bereits vorhandene Sensoren anderer Hersteller genutzt werden. Erfreulicherweise gibt es ab Juli so auch zwei Versionen zu kaufen: Das Basic Set für eine UVP von 179,95€ ohne Sender und ein Set für eine UVP von 259,95€, welches neben einem ANT+ Geschwindigkeits-Sender auch einen ANT+ Trittfrequenz-Sender, R1 ANT+ COMFORTEX+ und einen Herzfrequenzsender mit Textilbrustgurt enthält.
Nähere Infos zu einem Nachfolger der LED Lampe „Power LED Evo“ konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Soviel steht jedoch fest: Das neue Modell kommt mit gesteigerter Leistung, sowie einem schlankeren Gehäuse daher. Außerdem wird es eine neue Halterung für Oversized-Lenker geben. Endgültiges werden wir aber auch hier erst zur Eurobike 2013 wissen!
Ein absoluter Newcomer auf dem deutschen Markt ist Pyga, in Deutschland vertreten und vertrieben von Eaven-Cycles aus Hamburg. Pyga ist eine kleine Firma aus Südafrika, hinter der u.a. ein alt bekanntes Gesicht der Szene steckt: Patrick Moorewood. Die Firma setzt auf die beiden neuen Laufradmaße 27,5″ und 29″. Ein 26″ Bike wird es nicht geben. Neben den beiden aktuellen Modellen Oneten 29 und Onetwenty 650 hatte das Team von Eaven-Cycles auch das brandneue Zero 650C mit dabei. Hierbei handelt es sich um ein Carbon Hardtail mit dem neuen 27,5″ Laufradmaß. Zwar gewinnt der Rahmen keine Medaille beim Leichtbauwettbewerb, jedoch wurde er auch eher als robuster Allrounder für CC, Marathon und leichte Trails entwickelt. Im Gegensatz dazu kommen die beiden Fullys mit Alurahmen daher. Dieser generiert beim Oneten (dem Namen entsprechend) 110mm Federweg im Heck, beim Onetwenty 120mm. Das Oneten ist als 29er für 120-130mm Gabeln ausgelegt, das Onetwenty als 650B Bike für 130-140mm Gabeln. Die beiden Alufullys konnte ich zwar nur kurz antesten, allerdings fiel direkt der straffe Hinterbau auf. Dieser erinnert auf den ersten Blick an das Full-Floater Prinzip von Trek. Schaut man sich das (aus einem Stück gefräste!) Ausfallende aber genauer an, fällt auf, dass der Drehpunkt nicht in der Hinterachse sitzt, sondern in der Sitzstrebe darüber. Trotz eines SAGs von ca. 25% zeigte sich, dass die Pygas keine Bikes für eine gemütliche und komfortable Sonntagsrunde am Rhein sind. Laut Eaven-Cycles Mechaniker sollte man das Setup mit einem SAG von 30% beginnen und sich je nach Vorliebe an das perfekte Setup herantasten. Eine erfreuliche Nachricht ist meiner Meinung nach, dass die verbauten Monarch Dämpfer kein spezielles Werkssetup bekommen haben, sodass ein eventueller Dämpferwechsel kein Problem sein sollte. Beide Fullys waren mit Suntour Gabeln aufgebaut, wobei sich die am Onetwenty verbaute Gabel zur Zeit noch im Vorserienstatus befindet.
Wie auch beim Trek Fuel EX 29″, sollte man unbedingt der Lackierung der drei Pyga Bikes ein besonderes Augenmerk zukommen lassen. Das „Acid Green“ und „Lava Orange“ sind an sich schon sehr knallige Farben. Diesen sind aber auch viele kleine Goldpartikel untergemischt, welche im Sonnenlicht einen umwerfenden Effekt abgeben. Dieser findet sich auch am Zero650C in dem, neben dem Mattschwarz, verwendeten Weiß wieder. Alle drei Farbkombinationen sind meiner Meinung nach mehr als gelungen! Manch anderer Hersteller kann sich hier noch etwas abschauen.
Erhältlich sind alle 3 Rahmen direkt bei Eaven-Cycles. Während das Framekit des Oneten im July zu einem Preis von 1950€ wieder ausreichend auf Lager sein soll, kann das Framekit des Onetwenty zum gleichen Preis schon jetzt bestellt werden.
Vermisst habe ich definitiv Shimano und Sram. Letztere waren zwar durch einen technischen Support vertreten, jedoch hätte ich mir einen Stand mit den neuen Produkten aus dem eigenen Hause gewünscht, wie im Falle von Sram z.B. die neuen LRS Roam und Rail, evt schon eine XO1 und die neue Gabel Generation, insbesondere die Neuauflage der RockShox Pike. Ebenfalls hätte ich gerne die Liteville-Jungs zu deren neuen Konzept befragt, bei dem es darum geht, in einem 26″ Rahmen unterschiedliche Laufradgrößen zu kombinieren.
Außerdem hatte ich mich im Vorfeld gefreut, die neuen Modelle der Kultmarke Marin-Bikes begutachten zu können. Leider sind die Prototypen nach dem Bike Festival am Gardasee wieder umgehend im amerikanischen Nirvana verschwunden.
Kritik muss an den Strecken geübt werden, die waren zwar für die Fahrer des Marathons oder der „Sram Enduro Series“ gut sichtbar ausgewiesen, nur gab es keinerlei Wegweiser für Ortsfremde, wo z.B. der Beginn der Freeridestrecke ist, auf welchem Wege der Gipfel zu erreichen ist usw.
Diesbezüglich erlebte ich am Sonntag eine bedenkliche Situation: Nachdem ich die Bilder vom Trek Remedy 29″ aufgenommen hatte, suchte ich einen geeigneten Weg zurück zum Festivalgelände. Die Freeridestrecke wollte ich nicht erneut fahren, weshalb mir ein Schild mit der Aufschrift „Enduro“ gelegen kam. Da mich beim Fotoshooting 15 Minuten kein einziger Fahrer passierte, sattelte ich auf und nahm den Endurokurs in Richtung Tal. Kurz vor dem Ziel fuhr ich aus einem kleine Waldstück und blickte in unzählige Kameras. Während ich leicht irritiert die nächste Lücke in der Absperrung nahm, hörte ich einen Zuschauer sagen „Ach, war doch nur ein Testbike!“.
Ich fand es doch sehr bedenklich, dass „Unbeteiligte“ während des Renngeschehens ungehindert auf die Strecke gelangen konnten! Besonders mit dem Hintergedanken, dass sich im Laufe des DH-Trainings/Rennen ein Amateur auf die Strecke verirrt hatte, dies von einem Profi nicht rechtzeitig wahrgenommen wurde und zu dessen Sturz führte.
Während der gesamten Abfahrt sah ich keinen einzigen Streckenposten, keine Hinweise auf ein aktuelles Rennen o.ä. Gerade weil die Tretpassagen über normale Schotterautobahnen führten, die auch Teil der Marathonstrecke waren, und sowohl von Sonntagsspaziergängern als auch Radlern befahren werden konnten, wären hier Hinweise auf ein Rennen und Streckenposten mehr als angebracht gewesen!
Alles in allem empfand ich das diesjährige Bikefestival Willingen durchaus als gelungen. Wie im letzen Jahr war das Expogelände gut geplant und aufgestellt worden. Einzig die Beschilderung um das Festival Gelände herum und die Absicherung der vorhandenen Strecken hätte definitiv besser organisiert werden können!
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